Mein gesellschaftliches Anliegen & mein pädagogischer Ansatz
Radikaler (Bildungs)Wandel.
Für eine Kultur der Verbundenheit.
Die globale Vielfachkrise, mit ihren wachsenden Ungerechtigkeiten und der existentiellen Bedrohung, die der Klimawandel für die Menschheit bedeutet, führt die dringende Notwendigkeit eines radikalen sozial-ökologischen Wandels vor Augen. Doch Wandel – im Kleinen wie im Großen - fällt immens schwer und Menschen zeigen sich überfordert, sich eine andere Form des Zusammenlebens auf diesem Planeten vorzustellen, die in eine gerechte und ökologisch tragfähige Zukunft weist. Die kollektive Unfähigkeit, den Herausforderungen und Ungerechtigkeiten unserer Zeit angemessen zu begegnen, wird mit zunehmenden Krisen immer deutlicher. Warum verlaufen wir uns im Glauben an ein Weiter so und halten ein System am Laufen, das sich längst als gescheitert erwiesen hat?
„Das Problem ist nicht das System, sondern die Kultur, die das System geschaffen hat und uns in der Logik des Systems gefangen hält.“
Bayo Akomolafe
Wir alle sind das System. Die Krisen von Ökologie, Wirtschaft und Demokratie verstehe ich zusammenhängend als gesamtsystemische und tieferliegend auch als kultur-psychologische Krise: Die moderne Zivilisation ist geprägt von Entfremdung - von der Natur und Mitwelt, von anderen Menschen und auch von uns selbst. Wir leben im Paradox einer Kultur der Separation in einer Welt, die doch faktisch und zunehmend verstrickt ist, was Albert Einstein als die „optische Täuschung des getrennt seins“ bezeichnete. Die dominante Kultur der Separation, die sich in Vorstellungen wie „Mensch gegen Natur“, „Wir gegen die Anderen“, „Verstand versus Emotion“ oder auch „Privatleben versus Beruf/Aktivismus“ ausdrückt, liegt dem modernen Gesellschaftssystem zugrunde. Sie verkennt die komplexen Zusammenhänge dieser Welt, bewirkt Gewalt und Ausbeutung von Mensch und Natur und nährt gesellschaftliche Spaltung. Wir haben das Wissen verloren, uns als integraler Bestandteil eines großen lebendigen Ganzen zu begreifen, dem es nur gut gehen kann, wenn es dem Ganzen gutgeht. In einer Welt „unter Trennungsschmerz“ ist radikale Verbundenheit für mich der ethische Kompass und die Voraussetzung einer wirklichen sozial-ökologischen Transformation, die ich ansonsten als experimentell, ergebnisoffen und vielfältig verstehe. Dabei bewegen mich neue Fragen mehr als bessere Antworten.
Mit meiner Arbeit möchte ich eine Kultur der Verbundenheit stärken. In uns, zwischen uns und jenseits von uns. In unserer pädagogischen Praxis, in unserer Organisationskultur, in unserem Aktivismus und in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen.
Eine transformative Bildung, die in diesem Sinne Verbindungen schafft, verstehe ich als Weltbeziehungsbildung. Sie ergründet, wie sich das äußere System in unserem Innenleben manifestiert – in der Art, wie wir wahrnehmen, denken, fühlen, handeln und wonach wir streben – und umgekehrt. Sie verknüpft also politische mit persönlichen Veränderungsprozessen. Neben der rationalen Auseinandersetzung mit Selbst- und Weltverhältnissen kommt dabei körperlichen, emotionalen und beziehungsbasierten Lernprozessen eine besondere Bedeutung zu, als Teil einer ganzheitlichen pädagogischen Praxis. Der Mensch in seinen Beziehungen und die Dimension des VERlernens erlernter Weltsichten und Verhaltensmuster, die uns oftmals von Wandel abhalten, stehen für mich im Fokus transformativer Bildungsarbeit. Ich schaffe „brave spaces“, in denen sich Menschen in ihrer Komplexität, Widersprüchlichkeit, Verstrickung und Verletzlichkeit erleben und öffnen können und einander beim Wandel in einer unsicheren Welt Kraft und Kompass bieten. In denen Begegnung trotz der Kategorien und Erfahrungen, die uns trennen, möglich ist. Meine Arbeit ist radikal kritisch und radikal liebevoll zugleich. Sie speist sich aus machtkritischen, rassismuskritischen, intersektionalen, dekolonialen u.ä. Analysen und dem Versuch, diese in eine pädagogische und zwischenmenschliche Praxis zu übersetzen, die nicht bei der Kritik stehen bleibt, sondern die Alternativen lebt – im prozesshaften Bewusstsein aller Widersprüchlichkeiten und Unzulänglichkeiten.
Ein radikaler Gesellschaftswandel braucht auch einen radikalen Bildungswandel – denn institutionalisierte Bildung, aber auch die grundsätzliche Vorstellung von relevantem Wissen und guter Bildung, ist Spiegelbild der Gesellschaft. Bildung dient traditionell also vielmehr dem Erhalt als der Transformation einer gesellschaftlichen Ordnung und ihrer Normen und Wertvorstellungen. Transformative Bildung muss daher mit Bildungskritik beginnen, d.h. ein Bewusstsein schaffen, inwiefern Bildung mit dem größeren Wirtschafts- und Gesellschaftssystem instrumentell verstrickt ist und Wandel verhindert. Dabei geht es nicht in erster Linie um Bildungsinhalte, sondern auch darum, wie Bildung in ihren institutionellen und didaktischen Grundanlagen („hidden curriculum“) problematische Aspekte unseres Gesellschaftssystems reproduziert (so z.B. Wettbewerb, Leistungsdruck, Ausschlüsse, Ungleichheit oder die Hierarchisierung von Wissen). Ein ganzheitlicher Wandel von Bildung im Sinne einer transformativen Bildung muss daher neben kritischen und mehrperspektivischen Inhalten v.a. eine neue Lernkultur, ein anderes Miteinander und eine andere organisatorische Praxis fördern (Whole-Institution-Approach).
Mit meiner Arbeit möchte ich mit großer Wertschätzung der Geschenke, die ein jeder Kontext mit sich bringt, dazu beitragen, Grenzen des Möglichen im Bildungssystem zu verschieben und Lust auf andere Formen des Lernens zu machen - in Schule, Universität sowie der Erwachsenen- und Weiterbildung.